Eine gewisse Routine sorgt im Leben für Sicherheit und Ruhe. Im großen Stil gedacht sorgen Routine und Gewohnheiten auch für die Schaffung einer Kultur. Denn diese ergibt sich aus einer Gruppenidentität und der Auslebung von Ritualen. Wenn diese im Privaten aber von negativer Natur sind und nur dazu da, sich von Wichtigerem abzulenken oder der Langeweile entgegenzuwirken, dann sollten Sie etwas unternehmen. In diesem zweiten Teil unserer Artikelreihe „So gelingt Ihnen 2016“ geben wir Ihnen daher Tipps mit auf den Weg, mit denen Sie (schlechte) Angewohnheiten loswerden können.
Wie und warum geben wir uns Gewohnheiten hin?
Gewohnheiten entstehen wie es der Name schon sagt durch eine gewisse Gewöhnung und die Integration der Aktion in den Alltag. Das bestätigt auch Dr. Lars Schwabe, Kognitionspsychologe an der Uni Hamburg: „Wenn man eine Handlung zum ersten Mal durchführt, denkt man noch sehr intensiv darüber nach.“ – Wie beim Fahrrad- oder Autofahren denkt man aber immer weniger darüber nach, was man da eigentlich macht. Natürlich ist man im geforderten Maße wachsam, vor allem im Hinblick auf das Verhalten der anderen, man selbst aber agiert fast automatisiert. „Die gewohnte Handlung läuft sozusagen im Hintergrund ab.“, meint Dr. Schwabe dazu.
Wie bei praktischen Aktivitäten, z. B. Fahrrad fahren, Sport treiben, Auto fahren, Zähne putzen, erlernt das Gewohnheitstier Mensch aber auch eher negative Aktivitäten. Das Bier zum Feierabend, welches nach einer gewissen Gewöhnung zur unterschwelligen Sucht wird, oder das Rauchen von Tabakprodukten sind da nur zwei Beispiele. Auch die Ablenkung vom Alltag vermittels des Fernsehens oder digitaler Medien gehört zu den schlechten Gewohnheiten vieler Menschen. Gerade junge Menschen, aber auch alle anderen Altersgruppen, werden derzeit ja bekanntlich von Smartphones regelrecht gefesselt – physisch wie mental.
Hinter allem stehen hier vor allem Belohnungsmechanismen im Gehirn. Schafft man ein Level in einer Spiele-App, nimmt man Nikotin auf und setzt seinem Körper damit biochemisch zu oder trinkt man ein Bier und befriedigt damit sein Verlangen nach einem bestimmten, wenn auch niedrigen, Alkohollevel, dann sind das wichtige Gründe für Sucht. Denn das ist bei vielen schon die Realität gewordene Weiterentwicklung der Gewöhnung: eine Sucht; also ein regelmäßig zu befriedigendes Bedürfnis. Das zählt bei der Aufnahme von Nikotin genauso wie beim Blick auf das Smartphone oder die Facebook-Timeline.
Der Ausstieg beginnt mit einem ersten, wichtigen Schritt
Die Gewohnheit wird dabei meist als eine solche abgetan. Ihre genauen Auswirkungen und Folgen werden dabei unterschlagen. Deshalb muss man im Hinblick auf die Gewohnheit erst einmal einen Schritt zurück machen und wieder den lernenden Menschen mimen: Sie müssen sich also bewusst werden, was Sie da eigentlich machen. Ob Sie dies vor, während oder nach der Ausübung machen, das spielt keine zu große Rolle, aber reflektieren Sie einmal bewusst Ihren Tages- oder Wochenablauf und schauen Sie auf das, was Sie als Gewohnheit erkennen und loswerden wollen.
Fragen Sie sich zunächst „Was mache ich da eigentlich?“. Nehmen Sie die Handlung auseinander. Folgt sie einem ritualisierten Ablauf, dann analysieren Sie die einzelnen Schritte – wann agieren Sie noch in Form einer Entscheidung und wann sind Sie voll und ganz der ausführende Automat?
Fragen Sie sich anschließend: „Warum mache ich das eigentlich?“ Denn vor allem schlechte Angewohnheiten wie Rauchen, Trinken, ausdauerndes Spielen nur des Spielens wegen, etc. dient oft nicht sich selber, sondern der Abschottung der ausführenden Person bzw. dem Ausschluss von Alltagsproblemen.
Nach dem Erkennen kommt das Handeln
An dieser Stelle erst einmal der Hinweis: die auf dieser Seite veröffentlichten Ratschläge und Tipps sind nicht als Ersatz für eine entsprechende medizinische oder psychologische Behandlung zu sehen. Wenn Sie feststellen sollten, dass Sie aus einer negativen Situation nicht ohne fremdes Eingreifen herauskommen werden, dann suchen Sie sich besser jetzt als später die geeignete Hilfe. Allgemeine und spezielle Anlaufstellen für psychische Probleme finden Sie hier. Im Zweifelsfall besprechen Sie Ihr Leiden vorerst mit Ihrem Hausarzt; dieser kann Sie dann zu einem Facharzt überweisen.
Meist sind die Gewohnheiten aber nicht so schlimm, dass man ärztlichen oder fachmännischen Rat benötigt. Ganz wichtig ist als erstes das Erkennen und Analysieren des ritualisierten Handelns wie oben beschrieben. Dann folgen bei den meisten ein prompter Ausstieg und der kalte Entzug. Letzteres klingt zwar schlimm, das ist es für viele aber auch. Denn wenn eine oder gleich mehrere Tätigkeiten aus dem Alltag gestrichen werden, entsteht meist ein Loch, das es zu füllen gilt. Und das ist der Nährboden für neue, unüberlegte Angewohnheiten. Statt des Rauchens ein Level in der Spiele-App? Besser nicht!
Positive Ersatzaktivitäten suchen, finden und anwenden
Nach dem Mittagessen nehmen Sie sich eigentlich immer fünf Minuten, um eine oder zwei Zigaretten zu rauchen? Rufen Sie in dieser Zeit doch lieber die Eltern an und fragen Sie, wie es so geht und was es bei denen zum Mittagessen gab. Sie spielen vor dem Schlafengehen immer noch eine Stunde Battlefield? Warum nicht die Zeit nutzen und diese Fremdsprache lernen, die Sie schon immer interessant fanden? Oder Sie könnten sich mal wieder dem Stricken hingeben. Das Wichtigste an der Ersatzbeschäftigung ist dies: Sie sollten nicht nur Zeit totschlagen, sondern auch einen positiven und langfristigen Nutzen aus der Sache ziehen können.
Bewusste Ersatzmaßnahmen für einige Suchtgewohnheiten
Gerade bei Rauchern, die auf Teufel-komm-raus dem blauen Dunst kündigen wollen, sieht man es: es muss eine Ersatzbefriedigung her. Da der Rauch durch den Mund aufgenommen wird, sind es auch meist orale Ersatztätigkeiten, also das Essen von biochemisch agierenden Substanzen (Zuckerhaltiges) oder Nägelkauen. Hier ein paar Vorschläge für bewusste Ersatzmaßnahmen zur Bekämpfung Ihrer Gewohnheiten:
Rauchen (Bereiche: Hand, Mund, Geschmacksempfinden): Zuckerarme Lutscher lutschen, einen Müsliriegel essen, Lippenbalsam auftragen, Zähne putzen (natürlich nicht in „Kette“, aber nach den Hauptmahlzeiten etwa…)
Alkohol trinken (Bereiche: Hand, Mund, Geschmacksempfinden): statt des Feierabendbiers einen Kräutertee trinken, alkoholfreies Bier genießen, gesunde Smoothies oder Säfte probieren; bei schwererem Alkoholkonsum Sport in Absprache mit dem Arzt in Betracht ziehen
Digitale Süchte wie Spiele oder Social Media (Bereiche: Sehen, Kreativität, Hände): Ein kreatives Hobby wie Malen oder Musizieren ausüben (die Ergebnisse nicht posten!); Bücher lesen; Sprachen oder anderes Fachwissen lernen
Onychophagie (Bereiche: Hände, evtl. Mund): Nägel gestalten und lackieren; einen Grund schaffen, sie nicht zu zerstören
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