Medizinische Verwendung von Cannabis nun auch verstärkt in Deutschland

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CannabisDass Cannabis auch nur ein Stückchen aus der Illegalität heraustreten darf, das war bisher unter der derzeitig amtierenden Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Frau Marlene Mortler (CSU), kaum denkbar. Und doch ist sie es, die unter anderem dafür gesorgt hat, dass Cannabis zumindest verstärkt für medizinische Zwecke eingesetzt werden darf. Es wird also in Zukunft möglich sein, in Deutschland auf Rezept Cannabis zu erhalten.

Staatlich regulierter Anbau und Vertrieb

Wer nun an einen neuen Wirtschaftszweig gedacht hat, der muss seine Freude etwas zügeln. Denn der Anbau des Cannabis‘, das zu medizinischen Zwecken verwendet werden soll, ist nur im staatlich regulierten Maße angedacht. Private Anbieter soll es (vorerst) nicht geben. Von „Amerikanischen Verhältnissen“ sind wir also noch weit entfernt. Es soll sich bei den Anwendungsgebieten auch vorerst nur um die Schmerztherapie handeln.

Die gesamte Koordinierung von Anbau, Vertrieb, Verarbeitung und Anwendung soll dabei dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) unterstellt werden. Neben Marlene Mortler hatte sich in der Vergangenheit auch Hermann Gröhe (CDU), der Gesundheitsminister des Bundes, für den vereinfachten Zugang zu Cannabis als Heilmittel ausgesprochen. Er sagte: „Wir wollen, dass schwer kranke Menschen, denen nur durch Medizinalhanf geholfen werden kann, gut versorgt werden.

Referentenentwurf und dessen Inhalte

Den entsprechenden Gesetzen und Regelungen sowie der letztendlichen Aufgabenverteilung und der Schaffung der in Deutschland nötigen Bürokratiehürden ging ein Referentenentwurf voraus. Diesem wurde nun erst einmal zugestimmt.

In dem Papier heißt es unter anderem:

Die Cannabisagentur schreibt den voraussichtlichen Bedarf an Medizinalhanf nach den Vorgaben des Vergaberechts aus, vergibt in wettbewerblichen Verfahren Aufträge über die Belieferung mit Medizinalhanf an Anbauer und schließt mit diesen zivilrechtliche Liefer- beziehungsweise Dienstleistungsverträge.“ Und weiter: „Die Cannabisagentur verkauft den Medizinalhanf anschließend insbesondere an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler und Apotheken.

Ein Wettbewerb soll also dennoch entstehen, zumindest im Rahmen von Erstausschreibungen. Diese gelten allerdings nur für den Anbau der Hanfpflanzen. Denn auch im Hinblick auf die letztendlichen Präparate soll der Markt weitestgehend reguliert bleiben. So sieht der besagte Entwurf weiterhin vor, dass die „Cannabisagentur“ auch die Preise festlegt, welche die Krankenkassen für die Präparate, die ihre Klienten erhalten, zahlen müssen. Mit all diesen Regelungen ist natürlich auch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) nötig. Wann diese stattfinden wird, ist derzeit aber noch nicht bekannt.

Patienten sind vorhanden, aber in kleinen Zahlen

Nach Schätzungen gibt es in Deutschland ungefähr 400 Menschen, die bereits legal und aus medizinischen Gründen Cannabis beziehen. Gedeckt wurde der entsprechende Bedarf an Rohstoffen bzw. Medikamenten bislang durch Importe aus den Niederlanden. Die Gesamtzahl der Menschen in Deutschland, welchen Cannabis helfen könnte und sollte, ist derzeit nicht genau bekannt. Durch die Lockerung der Regularien und der Schaffung eines Binnenmarktes im Bereich des Anbaus und der Herstellung von Präparaten wird sicher auch die Abnahme steigen.

Der Deutsche Hanfverband begrüßt die Entscheidungen der Regierung

Deutscher HanfverbandDer Deutsche Hanfverband (kurz: DHV) begrüßt nach eigenen Worten die aktuellen Entscheidungen in Richtung Hanfanbau und Hanfverwendung im medizinischen Bereich. So äußerte sich ein Sprecher des DHV, Georg Wurth, folgendermaßen:

Ein leichterer Zugang zu Cannabis als Medizin und die Zahlung durch die Krankenkassen waren längst überfällig. Dass die Bundesregierung das Thema jetzt aber gleich konsequent zuende denkt und die Produktion in Deutschland ermöglicht, erfreut und überrascht. Endlich ist die deutsche Wirtschaft nicht mehr von der internationalen Entwicklung abgekoppelt und kann eine eigene Cannabisindustrie entwickeln. Bei uns melden sich immer mehr interessierte Unternehmer, die sich für die Produktion von medizinischem Cannabis interessieren. Wir rechnen mit massiv steigender Nachfrage nach Cannabis als Medizin.

Bereits im Oktober 2014 berichtete der DHV über Entwicklungen in der deutschen Politik, die hin zu einem Binnenmarkt führen sollten. So wurden schon im Juli 2014 drei Anbauer mit den nötigen Rechten zur Zucht von Cannabis ausgestattet. Zudem weist der DHV darauf hin, dass er schon vor langer Zeit auf eine Cannabisagentur gedrängt hat. Umso größer ist daher die Freude, dass diese Idee nun endlich umgesetzt wurde.

Entlastung von Krankenkassen und individuelle Artenverwendung

Jedoch gibt es auch Forderungen vom DHV, die darauf zielen, dass Betroffene ihr Hanf selber anbauen dürfen. Wir haben einmal die privaten, wirtschaftlichen und bürokratischen Vor- und Nachteile dieser Forderung zusammengefasst:

Vorteile des Hanfanbaus durch Patienten

  • Es kann die Sorte gezogen werden, die dem Patienten am besten hilft
  • Die Kosten für Schmerzpräparate sinken; Patienten und Krankenkassen werden entlastet
  • Patienten sind von der Wirtschaft bzw. vom regulierten Angebot unabhängig

Nachteile des Hanfanbaus durch Patienten

  • Bedarf an Präparaten kann nicht eingeschätzt werden
  • Entsprechende Kassenbeiträge schwanken oder bleiben dauerhaft zu hoch
  • Die Preise für die Präparate steigen (gleicher Umsatz bei weniger Abnahme) oder sinken (Kundenakquise durch Preisaktionen) stark
  • Patienten könnten bei Anbau und Verwendung Fehler machen
  • Patienten könnten mehr produzieren als sie verbrauchen, um den Überschuss zu verkaufen
  • Die Regulierung des privaten Anbaus bringt nicht nur Bürokratiehürden, sondern auch Kontrollen mit sich

Bei einer strikten Regulierung überwiegen hier im Gesamtbild die Nachteile. Bei einem freieren Umgang, so könnte man argumentieren, kann Cannabis auch gleich vollständig legalisiert werden. Die Vorteile des privaten Anbaus sind aber auch nicht außer Acht zu lassen. Es bedarf in diesem Gebiet also noch eines regen Diskurses; auch weil nicht nur Schmerzpatienten Cannabis anwenden können, sondern auch Patienten mit anderen Leiden.

Fazit zum neuen Beschluss

Aus Sicht der Hanfbefürworter sowie auch aus Sicht jener Menschen, die lieber natürliche Wirkstoffe in ihren Medikamenten wissen, ist die Erleichterung des Zugangs zu medizinischem Cannabis ein positiver Schritt. Rund um das Thema gibt es aber noch viele Fragen, Forderungen und zu klärende Regularien. Aufgrund der bereits vorgestellten Eingrenzungen sind auch die Stimmen der Hanfgegner in diesem Fall eher zurückhaltender Natur. Bleibt nur zu hoffen, dass die Preise der Präparate nicht in die Höhe schnellen bzw. die Pharmaindustrie mit den neuen Möglichkeiten nicht zu willkürlich verfährt. An alle Patienten an dieser Stelle: Gute Besserung!



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